In Zug hat es viele Perlen, nicht nur auf den Dékolletées und an den Ohrläppchen vieler Bewohnerinnen.
Zug hat eine ganz grosse, sehr alte Perle: Die Altstadt mit prächtigen Bauten wie dem Rathaus, den wohl proportionierten Wohn- und Geschäftshäusern entlang der Gassen und Gässchen und vor allem dem Zytturm. Wie oft haben wir an ihn hinaufgeschaut und waren auch etwas stolz auf unsere Vorfahren, die so was ausgedacht und erbaut haben.
Doch ohne Grosszügigkeit und Gemeinsinn hätten die ca. 600 Zugerinnen und Zuger das im Mittelalter nicht realisieren können. Ohne diese Weitsicht und Opfer könnten wir uns heute nicht alle daran erfreuen und miteinander von diesen Planungen und Verwirklichungen profitieren.
Einige hundert Jahre später, im Jahre 1980 einigten sich die Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner in einer Volksabstimmung wieder zu einer mutigen Tat. Es ging darum, das Guggi hinter der Hauptpost von einer geplanten Bebauung frei zu halten. Die Ziele der Initiative lauteten: Rettung der letzten grünen Insel im Herzen von Zug, der Landschaftsschutz und die Verantwortung für die kommenden Generationen. Nach 31 Jahren ist die heutige Generation, das sind wir, dankbar für diese weise Voraussicht. Es kostete auch etwas, doch die Kosten konnten sich nun ca. 23'000 Einwohnerinnen und Einwohner teilen. Selbstverständlich mussten die Eigentümer fair entschädigt werden, damit die Gemeinschaft als Ganzes davon profitieren kann.
Das ist ja gerade die Kunst, in einer Stadt herauszufinden, wie viel kann und muss der Einzelne dazu beitragen oder übernehmen, damit das Ganze qualitätsvoll ist, lebenswert bleibt oder einzigartig wird. Die Gemeinschaft mit allen Einheimischen, Zuzügern und Gästen soll einen Mehrwert erleben können. Eine heikle Balance, die nie ohne das Mitwirken, Einbringen, Beitragen und Mittragen der einzelnen Bewohnerinnen und Bewohner erreicht werden kann.
Zug steht seit längerer Zeit unter einem ungeheuren Druck: Noch viele möchten teilhaben an den Schönheiten und anderen Vorteilen unserer Stadt. Die Verlockung der heutigen Grundeigentümer ist gewaltig, ihre Parzellen zu einem hohen Preis zu veräussern. Doch wie geht das weiter? Wie sieht das in 25 oder 50 Jahren aus? Können unsere Nachfahren dann auch auf eine harmonische Stadt stolz sein, werden Touristen diese Entwicklungsfrüchte anschauen kommen? Wer wohnt dann überhaupt hier?
Im Vorstand des Zuger Heimatschutzes diskutieren wir immer wieder darüber, was zu tun sei, was einer lebenswerten Zukunft Zugs helfen könnte.
Mit der Perlen-Initiative haben wir eine der vielen möglichen und nötigen Antworten gefunden: Wir machen es wie unsere Ahnen, wir engagieren uns für die Gemeinschaft. Wir spielen für unsere Nachfolger-Generation ein Stück Zug frei, in dem wir vier für das Stadtbild und Stadtgefühl wichtige Orte vom Baudruck befreien. Wir wollen diese Orte - so wie sie heute sind - den Generationen nach uns übergeben, die dann aus ihrer Sicht entscheiden sollen, was für die Stadt die richtige Lösung sein wird. Der Blick der heutigen Generation auf die Stadt ist ein momentaner, ein Blick aus einer Zeit des Wachstums, des vielen vermeintlichen Geldes und der Lust auf Hochhäuser. Wir wollen nichts verhindern, nur zusätzliche Stadtbilder und Lebensqualitäten in der Zukunft ermöglichen.
Die vier Orte, die vier vorgeschlagenen Perlen haben nicht wir ausgesucht. Es waren Planer und Politiker welche für die Stadt Zug im Rahmen des Entwicklungskonzeptes des Zuger Stadtrates im Jahre 2006 definiert und bestimmt wurden.
Sicher gäbe es noch andere „schlafende“ Perlen in der Stadt, doch wir wollen nicht übertreiben und die Möglichkeiten und Finanzkraft der Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner nicht überstrapazieren.
Schade haben unsere grösseren Parteien FDP und CVP, als sie vor der Sommerpause von der noch unveröffentlichten Perlen-Initiative hörten, sofort ohne weitere Informationen einzuholen und sich einige Gedanken zur Zukunft von Zug zu machen aus der Hüfte geschossen. Doch die Schüsse gingen ins Leere. Bei der Perlen-Initiative geht es weder um eine Verstaatlichung noch um eine trickreiche Umzonung, welche die Eigentümerinnen und Eigentümer hintergehen würden. Die Initiative will die bezeichneten Parzellen nur heute freihalten.
Dass die Grundeigentümer, bei einer Annahme der Initiative fair entschädigt werden, gehört sich und muss in einer Gesellschaft wie der unsrigen selbstverständlich sein.
Es ist üblich und hat in der Schweiz Tradition, dass der Verzicht von Einzelnen zu Gunsten der Gemeinschaft entschädigt wird. Der monetäre Ausfall eines an sich zu erwartenden Nutzens wird abgegolten. So werden z. B. Bauern dafür entgolten, wenn sie die Wiesen entlang von Gewässern nicht mehr düngen dürfen und entsprechend weniger Ertrag haben. Ähnlich soll es für die betroffenen Grundstücke sein, wenn auch auf einem anderen Niveau, wie es sich für Zug gehört.
Sollte ein Grundeigentümer sich unter diesen Umständen zu einem Verkauf entschliessen, müsste die Stadt das Grundstück zu einem Marktpreis übernehmen. In diesem Prozess sehen wir keine Verstaatlichung. Die Stadt hat bei einem notwendigen Kauf einen qualitätsvollen Gegenwert, der umgehend im Stadtvermögen aufgeführt werden kann.
Wenn 600 Zugerinnen und Zuger mal einen Zytturm oder ein Rathaus sich leisten konnten, so werden 27'000 Einwohnerinnen und Einwohner sich diese vier Perlen wohl auch leisten können, sofern uns an der Zukunft von Zug, unserer Heimat und dem Handlungsspielraum für unsere Nachfahren etwas liegt.
Auch bei den Schmuck-Perlen geht es nicht immer nur um den monetären Wert.
Ruedi Zai, Vorstandsmitglied
Zuger Heimatschutz
Prospekt Initiative Zuger-Perlen.pdf